Ägypten

Geschenk

des

Nils

Wer ein paar Tage den großen Strom entlangschippert, merkt es schnell: Der Nil - das ist Ägypten. So hat man auf einer Nilkreuzfahrt das Land und seine steinernen Zeugen aus 5000 Jahren Geschichte fast immer zum Greifen nah. Es ist die schönste Form, das Land kennenzulernen.




Auf den Spuren der Pharaonen

Der Erholungswert einer Nilkreuzfahrt durch die Ruhe des Wassers, die sich auf die Menschen überträgt, und durch die langsam vorübergleitende Landschaft zu beiden Ufern, ist unübertroffen. Es ist die schönste Form, das Land Ägypten kennenzulernen. Sie reisen hier auf den Spuren der Pharaonen, die schon vor Jahrtausenden die Bequemlichkeiten des Wasserwegs zu schätzen wußten.Urlaub also von Anfang an - auch wenn gerade Luxor, Ausgangspunkt vieler Kreuzfahrten, wenig Zeit zum Faulenzen läßt. Da ist der Karnak-Tempel mit seiner Sphinx- Allee und einem Säulenwald, in dem sich die Besucher wie Däumlinge ausnehmen. Mitten in der Stadt der Luxor- Tempel, danach das Westufer mit dem Tal der Könige und dem Hatschepsut- Tempel.

Luxor heißt volles Programm - entspannen kann man am Sonnendeck. Von hier zieht das Ägypten von heute wie in einem Film langsam vorüber, in Bildern, die sich seit den Zeiten der Pharaonen kaum verändert haben mögen. Auf kleinen Inseln weidet Vieh, Reiher staken am Ufer und Falken ziehen ihre Kreise. Manchmal taucht aus einem Palmenwald das Minarett einer Moschee auf, kleine kubische Lehmhäuser leuchten hell aus dem dichten Grün. Frauen sitzen am Ufer, schlagen Wäsche auf den Steinen sauber.

Und dann Kinder - überall Scharen von Kindern, die sich die Arme lahmwinken. Büffel oder Esel drehen mit verbundenen Augen ihre endlosen Kreise am Schöpfrad, damit das lebensspendende Naß durch die Kanäle zu den Felder rinnen kann. Besonders schön ist der Fluß in der kurzen Zeit der Dämmerung, wenn die weißen Segel der Felukken rosa schimmern, das Wasser und der gelbe Dünensand oder die Felsmassive hinter dem fruchtbaren Grüngürtel am Ufer im rotgoldenen Abendlicht aufglühen.

In Edfu begrüßt der falkenköpfige Gott Horus die Besucher und im mächtigen Doppeltempel von Kom Ombo hat der Nilgott Sobek mit dem Krokodilkopf seinen Sitz. Bald erscheinen die guten und die rächenden Götter in den Tempeln wie inzwischen vertraute "Bekannte". Und immer wieder läßt das ruhige Dahingleiten durch die unvergeßlichen Landschaftsbilder des großen Stroms genug Zeit und Muße, den Cheops und den Chefren, Tutmosis und Tut-ench-Am-un, Ramses II. und Ramses III. bis hin zur schönen Kleopatra, wieder auf die Reihe zu bringen.

Alle die in schneller Folge auf uns einströmenden Eindrücke lassen sich auf dem Sonnendeck des Schiffes am besten verarbeiten - den Strom vor Augen, dessen Quellen vom Schöpfergott Chnum bewacht werden, der die Menschen auf einer Töpferscheibe aus Nilschlamm formt. So glaubten es die alten Ägypter. Ende der Schiffsfahrt und Endspurt im Besichtigungsprogramm dann in Assuan - bei manchen Reisen auch der Start. Mindestens so wichtig wie der Philae-Tempel ist jetzt ein Segeltrip auf einer der vielen kleinen Felukken zu den Nilinseln und zu den Dünen am Westufer oder ein Bummel über den Markt mit all seinen Farben und Wohlgerüchen des Orients. Assuan, da ist auch der gigantische Staudamm, mit dem sich Nasser ein Denkmal setzte. Unter den Fluten des 500 Kilometer langen Stausees, der bis weit in den Sudan reicht, liegen versunken und vergessen die Dörfer Nubiens, Kornkammer und Goldland im alten Ägypten.Dieses Schicksal blieb der Tempelanlage Ramses II. bei Abu Simbel durch die weltweit einmalige internationale Rettungsaktion erspart. Zerlegt und wieder zusammengesetzt, erhebt sich der Felsentempel mit den vier Kolossalstatuen des Gottkönigs an einem künstlichen Hügel über dem Seeufer.

Am schnellsten erreicht man Abu Simbel von Assuan per Flieger - weitaus eindrucksvoller, wenn auch strapaziöser, ist die 280 Kilometer lange Anreise mit dem Bus durch die Wüste. Irgendwann mitten in der eintönigen Sandwüste tauchen gar nicht weit spiegelnde Wasserflächen und Flußläufe mit Palmen, Büschen und Tieren auf, Dörfer, Minarette und Moscheen - gerade so, als sei die Nillandschaft bereits in Sicht. Der Bus fährt darauf zu. Doch das Bild weicht weiter zurück, verschwimmt schließlich zwischen Himmel und Erde... eine richtige Fata Morgana gibt es bei fast jedem Wüstentrip als Zugabe.

Ein Nilschiff ist ein schwimmendes Verkehrsmittel

Der große Vorteil: Man braucht nicht - wie auf dem Landweg - ständig das Hotel zu wechseln. Auf dem Schiff stellt sich die richtige Urlaubsstimmung sofort ein, sobald die Sachen in den kleinen Schränken verstaut sind. Praktisch, luftig und bequem ist hier in Sachen Kleidung angesagt, denn auf den schmucken Nilkreuzern geht es ganz unkompliziert und eher leger zu. Nilschiffe sind keine Ozeanriesen. Eine Kreuzfahrt auf dem Nil ist deshalb auch nicht mit der auf einem Musikdampfer zu vergleichen. Die Schiffe verfügen neben dem Speisesaal meist über einen oder zwei Aufenthaltsräume oder Bars, aber nicht über die großzügigen Gesellschaftsräume eines viele hundert Meter langen Hochsee-Kreuzfahrtschiffes. Wer Kapitänsdinner mit Abendrobe, Shows und Ballnächte erwartet, wird enttäuscht sein. Alle Schiffe haben nur Außenkabinen, die meist geräumig, jedoch nicht mit einem Hotelzimmer dieser Kategorie zu vergleichen sind. Die Schiffe verfügen über ein oder zwei Oberdecks, meist mit Sonnendach und Pool. Dort stehen Stühle und Liegen bereit. Natürlich kann auch auf dem besten Nilkreuzer nur ein kleiner Pool für Erfrischung sorgen - für Badeferien pur gibt es ja das Rote Meer. Erwarten Sie auch keine ausladenden Büfetts oder große Menüs. Der naheliegende Grund: Der Stauraum auf einem Flußschiff ist begrenzt, und die Einkaufsmöglichkeiten - namentlich zwischen Luxor und Kairo - sind es nicht minder.

Es gibt auch nicht überall genügend festangelegte Kais, sodaß elegante Schuhe hier unangebracht sind. Mitunter helfen sich die Kapitäne damit, daß sie im Päckchen festmachen. Das «Längsseits-Festmachen» hat zur Folge, daß Sie aus Ihrem Kabinenfenster nur das Nachbarschiff erblicken und beim Landgang Schiffe durchqueren müssen.

Vorsicht ist bei Alkohol geboten. Auch auf den Nilschiffen werden gute Tropfen ausgeschenkt! Zusammen mit der Hitze, die durch den Fahrtwind nicht zu spüren ist, hat Alkohol weitaus bösere Folgen.

Alle Motorschiffe werden von Maschinen angetrieben. Auch wenn das Schiff vor Anker liegt, sind Strom- und Kühlaggregate in Betrieb. Selbst bei modernen Schiffen mit guter Isolierung läßt es sich nicht vermeiden, daß diese Geräusche in Kabinen wahrnehmbar sind. Eine Nilreise hat - bei allen Annehmlichkeiten -auch einen Hauch von Unberechenbarkeit. Das betrifft nicht nur den Wasserstand des Nils, der hin und wieder zu Programmänderungen zwingt, sondern auch technisch bedingte Wartezeiten an Schleusen und Brücken. Es kommt vor, daß sich der Kapitän entschließt, größere Verzögerungen durch eine Nachtfahrt aufzuholen, um den Zeitplan einzuhalten.



© H. Steuerwald